Biografien behinderter Menschen

Mein Weg führt nach Tibet - Die blinden Kinder von Lhasa - Sabriye Tenberken

Verlag Kiepenheuer & Witsch, Köln, 2000; 252 S. ill.

1972, im Alter von zwei Jahren wurde bei Sabriye Tenberken eine Netzhauterkrankung festgestellt, die zur Erblindung führte. Die Bonnerin studierte Tibetologie, Soziologie und Philosophie.
Nachdem sie während ihrer Studienzeit auf eigene Faust Reisen nach Tibet unternommen hatte, beschloss sie, in diesem unwegsamen Staat eine Blindenschule und ein Ausbildungszentrum für Blinde aufzubauen. Das Projekt steht und in Lhasa werden rund 20 Kinder unterrichtet. Ausgebildet werden die Schulabgänger in Medizin und Krankenpflege, Tierhaltung und Lebensmittelherstellung.
Am 8. März 2000 erhielt die wagemutige Blinde für ihr Engagement den Norgall-Preis des International Women's Club.

Sabriye Tenberken erzählt mit viel Humor und Zuneigung zu den Tibetern von ihrem grossen Abenteuer und Projekt, das oft kurz vor dem Scheitern gestanden hat. Sie flicht viele praktische und für die nicht-blinde Leserschaft nützliche Begebenheiten rund ums Blindsein ein, die schlussendlich auch zeigen, dass Blindsein keine eigentliche Behinderung sein muss und man trotzdem versuchen kann, seine eigenen Träume zu verwirklichen.
Sehr aufschlussreiche, spannende und bestens empfohlene Lektüre.


Ebenfalls von Sabriye Tenberken geschriebenes Jugendbuch:

Tenberken, SabriyeTashis neue Welt - Ein blinder Junge zeigt uns Tibet Dressler Verlag, Hamburg, 2000, 79 S. ill.

Tashi ist einer der vielen Menschen, die im Tibet infolge der starken Sonneneinstrahlung und des verbreiteten Vitaminmangels erblinden. In der Blindenschule von Lhasa lernt sich Tashi in der Welt der Sehenden bewegen und erhält eine Ausbildung. Der Junge Tashi führt in diesem Buch die Leserschaft durch Tibet. Die selbst blinde Autorin entwickelte während ihres Studiums eine tibetische Blindenschrift.

Das vorliegende Buch ist eine interessante Mischung von Fotoband und Sachbuch über Tibet, sowie dem Lebensbericht von Tashi.


Lena Maria - Lena-Maria Klingvall

Schulte & Gerth, Asslar, 1997; 120 S., ill.

Lena Maria wurde ohne Arme und mit nur einem normal entwickelten Bein geboren. Doch sie meistert das alltägliche Leben: Sie bewältigt die anfallenden Hausarbeiten, näht, spielt Orgel, fährt Auto, ist als ausgebildete Sängerin weltweit tätig, wurde in Göteborg 1989 Weltmeisterin im Schwimmen und war auch an den Paralympics in Seoul erfolgreich.

Eindrucksvolle und illustrierte Autobiogrphie einer lebensfrohen jungen Schwedin, die bis zu ihrer Heirat allein in einer Wohnung lebte. Faszinierend, wie diese schwer behinderte Frau Alltagsprobleme wie z.B. Hosen anziehen und zuknöpfen mit viel Fantasie löst.
Natürlich und spritzig erzählt, ohne Selbstmitleid, gut lesbar.


Um Füsse bat ich und er gab mir Flügel - Dorothy C. Wilson

R. Brockhaus Taschenbuch Nr 845, Oncken Verlag, Wuppertal, 1996; 228 S., Tb

Die junge indische Ärztin Mary Verghese wird durch einen Autounfall kurz nach ihrem Examen querschnittgelähmt. Es folgen die üblichen Operationen zur Stabilisierung der Wirbelsäule, unermüdliche Trainings zur Rehabilitation und schliesslich - einzigartig zu jener Zeit in Indien - die Weiterbildung zur plastischen Chirurgin, die sich vor allem Leprapatienten annimmt. Nach einem Aufenthalt in einem grossen australischen Rehabilitationszentrum und einem weiteren Studium in den USA zur Rehabilitationsfachfrau für Querschnittgelähmte baut Mary Verghese ein Reha-Zentrum für Rollstuhlfahrende in Indien auf.

Faszinierende Biografie einer willensstarken Frau, die es schafft, Unglaubliches zu erreichen. Es vermittelt auch Einblick in die indische Kultur: Vergleiche der Lebensweise wie auch des medizinischen Levels zwischen einem Entwicklungsland und Industriestaaten lassen das Buch auf eindrückliche Weise wirken!
Einfache Sprache, mitreissend geschrieben!


Michelle - Carolyn E. Phillips

R. Brockhaus, Taschenbuch Bd 351, Wuppertal, 1989; 125 S.

Im November 1976 erfährt die 8-jährige Michelle, dass sie Knochenkrebs hat. Trotz Beinamputation und Chemotherapie hat sie eine geringe Überlebenschance; doch sie will leben. Ihr kindlicher Glaube gibt ihr Kraft, das Unmögliche zu schaffen. Heute ist Michelle eine unternehmungslustige Frau, die mehrere Auszeichnungen für sportliche Leistungen erhalten hat.

Biographie, die für Jugendliche gut lesbar ist und ans Herz geht.




Louis Braille - Ein blinder Junge erfindet die Blindenschrift - Jakob Streit

Verlag Freies Geistesleben, Stuttgart, 1997, 110 S., ill.

Als Louis Braille anfangs 1809 in der Nähe von Paris geboren wurde, existierten in Europa erst wenige Blindenschulen; vorwiegend vermittelten diese verschiedene Handfertigkeiten und Musikunterricht; bloss eine leicht handhabbare Schrift war für die Blinden noch nicht geschaffen. Im Alter von 3 Jahren verunfallte Louis Braille und erblindete. Mit 14 Jahren begann er eine ertastbare Punktschrift zu entwickeln, jene brühmte Braille-Schrift, mit der heute noch alle Blinden lesen und schreiben.

Diese Biographie besticht durch ihre einfache Lesbarkeit, durch die schönen Illustrationen und das eingeprägte Braille-Alphabet im Buchumschlag. Ein spannendes Lebensbild eines Jungen, der durch seine Warmherzigkeit, Lebensfreude und klare Entschiedenheit zum Hoffnungsträger der Sehbehinderten wurde.


Vom Glücklichsein. Das Tagebuch der Alice - Alice Sturiale

Oberstebrink&Partner GmbH, Ratingen, 1997; 269 S. ill., Format Tagebuch

Alice Sturiale wurde 1983 in Florenz geboren und starb12-jährig in ihrer Schulbank. Sie kam mit einer Muskelatrophie ((LINK zu Lexikon, Stichwort Muskelschwund)) zur Welt, was sie zeitlebens vom Rollstuhl abhängig machte. Aus Alices Tagebuchaufzeichnungen, ihren Aufsätzen, Gedichten und Erlebnissen wurde nach ihrem Tod zusammen mit Texten und Briefen von Bekannten, die ihre Eigenarten beschrieben haben, dieses mit vielen Fotos illustrierte Buch herausgegeben.

Alice verblüfft und erfreut ihre Mitmenschen mit ihrer frohen und lebensbejahenden Grundstimmung, die vielen eine echte Hilfe bedeutet, wie dies aus den Briefen an Alice hervorgeht.
Es wirkt höchst erstaunlich, welche Gedanken sich dieses Mädchen bereits in jüngsten Jahren machte und wie sie fähig war, sich auszudrücken.


Lucy Ching - Das mutige Leben einer blinden Chinesin - Luyc Ching

Hännsler Verlag, Neuhausen/Stuttgart, 1996, 290 S., Tb

Lucy wächst als blindes Mädchen in Kanton, dem alten China der vierziger Jahre, auf. Viele blinde Mädchen werden ausgestossen. Ihre Familie aber akzeptiert Lucy und ermöglicht ihr ein Leben nach ihrem Willen. An einem ausländischen Radiosender hört sie von Blindenschriftmaterial, das sie sich schicken lässt. Lucy Ching bringt sich selber Lesen und Schreiben bei, erhält 10 Jahre später ein Stipendium an einer Blindenschule in den USA und kehrt anschliessend zurück nach Hongkong, wo sie als Sozialarbeiterin arbeitet.

Fesselnde Autobiographie einer mutigen, engagierten Frau, die es erfolgreich fertig bringt, sich gegen die Regeln und Ansichten einer Gesellschaft durchzusetzen.