Alkohol im Verkehr - Ursache von Behinderungen

Tatwaffe Alkohol

Alkohol und Autofahren: ein lebensgefährliches Paar! Fakten

Bei einem frontalen Zusammenstoss zweier Personenwagen sind am frühem Samstagmorgen auf der Seestrasse in Kilchberg, Zürich, zwei Personen ums Leben gekommen. Mit 1,66 Promille Alkohol im Blut schleuderte der 31jährige Hotelier Markus B. in seinem BMW in das entgegenkommendes Auto. Dabei wurde er nur leicht verletzt. Das Ehepaar Stefan und Susanne Meier (44 und 42) kam auf der Stelle ums Leben. Laut Anklage war der Todesfahrer mit 105 bis 125 km/h unterwegs gewesen.
Strafe: 16 Monate bedingt, 7000 Franken Busse, befristeter Ausweisentzug.

Bei einem Drittel aller tödlichen verlaufenden Unfällen oder solchen mit Schwerverletzten auf Schweizer Strassen ist laut Statistik Alkohol mit im Spiel. Jährlich werden rund 10'000 Menschen (so viele wohnen z.B. in Rheinfelden AG, Buchs SG oder in Münsingen BE) auf unseren Strassen schwer verletzt, 600 bis 700 davon getötet. Dazu kommen ein riesiges finanzielles Schadenvolumen - und ein grosses Potential an verletzten Seelen. Das betrifft viele Leute. Und kostet viel Geld. Darüber jedoch wird nicht gross geklagt. Stürzt aber irgendwo ein Flugzeug ab mit hundert Toten, dann wird nach Verantwortlichkeiten geschrien, dann müssen Köpfe rollen, dann wissen alle, dass man es viel besser hätte machen können. Aber beim Alkohol auf der Strasse herrscht eine ganz andere Kriegssituation, bei der die meisten die Augen zu machen. Zudem geht der Polizei laut Berechnungen nur grad eine von 400 alkoholisiert herum fahrenden Personen ins Netz. All das mutet doch eigenartig an; weshalb gibt es nicht einen wie bei einer Flugzeugkatastrophe vergleichbaren Volksaufstand mit der Forderung: Jetzt muss etwas passieren! Warum akzeptiert man das so? Obwohl doch offensichtlich klar ist, dass auf unseren Strassen ein durch Alkohol verursachtes riesiges Gefahrenpotential herrscht, Tendenz leicht zunehmend?

Das Auto als Inbegriff von Freiheit
Das Auto, die vielversprechende Freiheit, wie wir sie auch der Werbung entnehmen können: "Die absolute Waffe! - Neue limitierte Serie bei ''Subaru Impreza GT Turbo '' Von Null auf Hundert in 6,3 Sekunden." Auto-Center Emil Frey AG, Nyon.Werbetexte wie dieser schüren Lüste.. nebst dem Fact, dass das Auto nach wie vor ein Statussymbol ist. Gedanken rund um Unfälle, deren Auswirkungen, Fahrtüchtigkeit etc. sind tabu.Die "automobilistische" Gemeinde im Gesamten ist Weltmeister im Verdrängen. Man hat immer das Gefühl: Mir passiert ja das ohnehin nichts. Es passiert nur den andern. Das ist natürlich nicht wahr. Man kann davon ausgehen, dass im Laufe von 10 Jahren jede Familie mit ihrem grösseren Umfeld an Freunden, Verwandten und Bekannten einmal dran - also "unter die Räder" kommt. Aber auch dann wird dieser Unglücksfall meist wieder weggestellt. Es gibt Fälle, wo schwerste Unfälle produziert wurden; aber die grössten Wünsche der Täter waren, sofort wieder in ein Auto zu sitzen oder auf einen Töff zu steigen.... Das ist eine Art Sucht. Beim Suchtverhalten ist es adäquat, dass man vor allem mal schaut, dass man primär die ausserhalb stehenden Personen versucht zu schützen, die unschuldig buchstäblich unter die Räder kommen könnten.

Wirkung von Alkohol
Alkohol ist eine psychotrophe Substanz. Ähnlich Medikamenten, die aufs zentrale Nervensystem, aufs Gehirn wirken. Auch Drogen gehören in diese Kategorie. Alkohol wirkt primär enthemmend; man traut sich mehr zu als im nüchterenen Zustand - in der Wortwahl - im Verhalten; man reagiert eben enthemmter.Wichtige Auswirkungen im Zusammenhang mit diesen Alkohol-Wirkungen im menschlichen Körper sind z.B. die Einflüsse auf die Reaktionsfähigkeit; d.h. dass durch die psychotrope Wirkung des Alkohols die Reaktionsfähigkeit, demzufolge auch die Reaktionszeit des Motorfahrzeuglenkers, beeinträchtigt wird. Die Beeinträchtigung fängt schon bei einer relativ tiefen Alkoholisierung an, bereits bei 0,2, bei 0,3 Promille. Also längst nicht erst dort, wo eigentlich die gesetzliche Grenze wäre. Als weitere Beispiele wären der Einfluss des Alkohol auf das optische System - also auf das Sehen oder die Beeinflussung des Alkohol auf die Muskulatur ganz grundsätzlich zu nennen. Beim optischen System entscheiden die kleinen Augenmuskeln, wofür die Augen Bewegungen zuständig sind. Das kann dazu führen, dass - je nach Alkoholisierungsgrad - wegen der Beeinflussung der Beweglichkeit der Augenmuskeln einerseits Doppelbilder auftreten, andererseits das Gesichtsfeld in dem Sinne eingeschränkt wird, dass die seitlichen Augenmuskelnbewegungen nicht mehr so gross sind wie im nüchternen Zustand, was zu einem sogenannten Tunneleffekt führt: Man nimmt die seitlichen Bereiche des Gesichtsfeldes nicht mehr gleich gut wahr; dann kann es zu Streifkollisionen kommen.

Gründe zur Herabsetzung des Promille-Grenzwertes
Wenn man im Auto sitzt, sich im Strassenverkehr aufhält, muss man alle Zusammenwirkungen gesamthaft anschauen; zum Beispiel: Man fährt auf der Strasse, sieht weit vorne eine Signalanlage, die auf Rot geschaltet ist. Ganz automatisch schaltet man hinunter, bremst, bedient das Gaspedal usw. Das läuft automatisiert; und die sogenannten automatisierten Funktionen sind relativ alkoholresistent wie alles, was man oft tut, täglich übt in gewohnter Umgebung. Messbare Störungen fangen beim durchschnittlich Alkohlgewöhnten etwa bei 0,8 oder 0,9 oder 1 Promille an. Davon trennt man ganz klar die sogenannten kontrollierenden Funktionen ab. Darunter versteht man all das, was man nicht trainieren kann, d.h. unerwartete Zwischenfälle, auf die man reagieren muss: Ich kontrolliere den Effekt, ich reagiere und kontrolliere und reagiere - dieser Ablauf ist viel, viel komplexer. Ein Beispiel: Ich fahre auf der Strasse. Plötzlich springt ein Kind vors Auto. Das kann man ja nicht trainieren. Man wird voll überrascht. Oder man gerät plötzlich ins Schleudern. Bei solchen nicht trainierbaren Dingen braucht das Hirn eine höhere Leistung, eine Leistungsreserve. Und diese Reserve wird nachgewiesenermassen relevant eingeschränkt bei einer Alkoholisierung von etwa 0,4 bis 0,5 Promille. DAS ist die Begründung, weshalb man den Grenzwert von früher 0,8 auf 0,5 absenken wollte.

Untersuchungen in der Unfallforschung haben gezeigt, dass man ab 0,5 Promille eine zweifache Wahrscheinlichkeit hat, einen Unfall zu bauen, weil man bereits ab dieser Alkoholisierung nicht mehr ganz dieselbe Leistungsfähigkeit hat. Ab 0,8 ist bereits eine vierfache Möglichkeit da und ab einem Promille ist die Wahrscheinlichkeit sieben Mal höher.
Alkoholisierte Personen haben dann Schwierigkeiten, genügend umstellfähig zu sein; d.h sobald etwas in der Wahrnehmung im linken oder rechten Gesichtsfeld auffällt, welches richtig wahrzunehmen und auch adäquat einzustufen ist und worauf es zu reagieren gilt - Planen und Strukturierenkönnen haben natürlich damit zu tun - habe ich länger, bis ich gewisse Entscheide genügend flexibel treffe. Konkret: ich nehme an, die Strasse sei frei. Dann kommt mir Autofahrer z.B. ein Velo in die Quere - sagen wir von links gegen die Mitte -; das könnte ich an sich bereits von weitem sehen. Dann würde ich normalerweise darauf achten, ob das Velo anhält oder nicht. Wenn ich alkoholisiert bin, laufe ich Gefahr, dass ich diesen linken Raum des Gesichtsfeldes zu wenig gewichte und die neue Situation nicht richtig analysiere und einschätze - und damit kann die Katastrophe vorprogrammiert sein.

Eine der psychologischen Auswirkungen beim Alkohol ist - wie bereits erwähnt - die Enthemmung. Und Enthemmung haben wir in zweifacher Hinsicht. Viele der Probanden schildern, dass sie erst mit dem Alkohol nicht mehr in der Lage waren, zu entscheiden, ob sie noch fahrfähig sind oder nicht. Sie haben sich bei den Tests überschätzt. Sie haben sich unter dem Alkoholeinfluss sehr toll gefühlt und dadurch das Gefühl gehabt, sie seien durchaus noch in der Lage, Auto zu fahren. Enthemmung aber auch in einem anderen Sinne: Gerieten sie in eine komplexe Situation, in der im Notfall Bremsbereitschaft zu erstellen oder zu bremsen war, fanden die Personen: "Das reicht noch lange" - und gaben Gas. Und genau das kann verheerend sein. Eine andere Möglichkeit psychischer Auswirkung ist natürlich die Risikofreudigkeit. Ist man durch den Alkohol stimuliert, glaubt man, zu sehr viel fähig zu sein.
 

Auto fahren - mit wie vielen Promillen ungefährlich?
Wie viel darf man trinken, bis die Unfallgefahr zunimmt? Für Rechtsmediziner ist das eine unvernünftige Frage, weil man diese Problematik grundsätzlich nicht so angehen darf. Zunächst ist mal die individuelle Verträglichkeit entscheidend. Wer gar nie trinkt oder ganz selten, muss natürlich aufpassen, denn er ist bereits in seiner Leistungsreserve gestört. Des weiteren vertragen Männer mehr Alkohol als Frauen aufgrund ihrer Konstitution & Bauweise. Ebenfalls zu bedenken sind Müdigkeit oder Medikamenteneinnahme, die die Wirkung von Alkohol beträchtlich verstärken können. Mit 0,2 oder 0,3 Promille können ohne weiteres bereits Ausfälle vorhanden sein. Sieht man von der individuellen Verträglichkeit ganz ab, kann man sagen, dass ein mittelschwerer Mensch (ca. 70 Kilo) etwa 2 Stangen Bier oder 2 dl Wein auf einmal trinken kann, damit er ca. auf 0,4 Promille käme.

Pro Stunde baut sich ein Wert von 0,4 Promille im Mittel etwa um 0,15 Promille ab. Oder anders gesagt : Wenn ich ein Standardgetränk trinke - darunter versteht man eine Stange Bier oder ein ''Tschumpeli'' Wein - ein Dezi -, geht es etwa fünf Viertelstunden, maximal anderthalb Stunden bis der Alkohol abgebaut ist. Wer also innerhalb von 2 Stunden z.B. 3 Stangen Bier trinkt, erreicht die 0,5 Promillegrenze gar nicht.
Der Mittelwert, den wir bei unseren Unfällen auf der Strasse messen, liegt bei 1,6 Promillen und darüber, was auf den Konsum von mehr als einer Flasche Wein oder literweise Bier schliessen lässt.

Wer trinkt, fährt nicht - wer fährt, trinkt nicht
Unschuldigen Opfern von Verkehrsunfällen kommt die Galle hoch, wenn sie mit Argumenten der Gegner des neuen Gesetzes konfrontiert werden. Dazu ein Opfer mit bleibender Behinderung: "Ich meine, da kommt mir einfach die Galle. Das muss ich ganz ehrlich sagen. Wenn ich diese Argumente höre, werde ich aggressiv, werde ich hässig. Schliesslich bin ich ein Opfer eines solchen Menschen, der zuviel getrunken hat. Und es gibt auch viele andere Opfer, die da sind und ich finde es einfach verrückt. Weshalb um Gottes Willen steigt man ins Auto? Das ist das grosse Problem. Das Trinken an sich ist nicht das Problem, sondern, dass man dann noch in ein Auto steigt; und dann wird natürlich ein Auto zu einem äussert gefährlichen Instrument. Schlussendlich geht es um Menschenleben und es geht nicht um Einnahmen gewisser Wirte. Mir sind Menschenleben wichtiger als gewisse Einnahmenverluste eines Wirtes. Oder ein Politiker, der das Gefühl hat, dass eine Heruntersetzung dieses Promillewertes eine Kriminalisierung ist. Eine Kriminalisierung ist das, was uns passiert ist. Das ist ... das ist Mord - in dem Sinne. Aber nicht, wenn man das Limit senkt. Im Gegenteil: Was auf der Strasse geschieht, das ist eine Kriminalisierung, dort, wo eben Unschuldige dran kommen, die für den Rest ihres Lebens dermassen leiden.Und man sieht: Es braucht eine langwierige Aufbauarbeit und die vermisse ich. Ich vermisse sie von einem Bundesrat. Ich vermisse sie bei den Parteien. Das ist für sie kein attraktives Thema, sich mit dem Thema Alkohol und Verkehr zu beschäftigen. Das ist leider so. Das liegt daran, dass das Auto völlig tabuisiert ist. Das Auto ist bei uns etwas so Wichtiges. Es gelingt immer wieder, ein Auto mit Freiheit in Verbindung zu bringen. Das Auto ist der Raum, eine Stube, dort kann ich machen, was ich will; ich habe eben eine freie Fahrt usw. - all die Slogans - und das ist etwas, an dem hängen die Leute natürlich wahnsinnig."

Es geht letzlich um ein Abwägen zwischen der Freiheit des Einzelnen, Alkohol trinken zu überprüfen und dem Schutz des Lebens - und Tod - von Verkehrsteilnehmern. Und da ist wohl klar, dass der Schutz des Lebens der Verkehrsteilnehmer viel höher zu werten ist, als die Freiheit, Alkohol trinken zu dürfen. Im Flugverkehr ist diese Wertung ganz klar vorgenommen worden.

Wäre also folglich logisch, die Grenze auf 0,00 Promille zu setzen, wie das in einigen Staaten bereits der Fall ist.
Doch dies hat in unserer Kultur wohl keine Chance. 0,5 Promille, das betrachten viele als eine Kapitulation der Vernunft - oder als geschäftspolitischen Kompromiss.
Sicher die bessere von zwei schlechten Varianten. Der Anwalt der Strassenopfer, Ueli Vogel, geht noch weiter und spricht von einem falschen Signal::" 0,5 Promille ist insofern ein vernünftiger Schritt, als er halt eine mehrheitsfähige Lösung darstellt - aber er ist für mich ein völlig falsches Signal, indem man den Leuten sagt: Ihr müsst nicht auf den Alkohol verzichten. Ihr dürft ein bisschen trinken, aber nur nicht zuviel. Einfach nicht mehr als 0,5 Promille. Aber das Signal, das man setzen müsste, müsste klar in die Richtung gehen, dass man eben den Grundsatz postuliert; wer fährt, trinkt nicht und zwar überhaupt nicht.
Gewisse politische Kreise bringen als Argument: "Jetzt dürfen wir überhaupt nichts mehr trinken." Ich glaube, dieser Ansatz ist einfach falsch. Man hat das Gefühl, sie suchen eine Rechtfertigung, dass die Leute weiter trinken können. Umgekehrt wäre mir viel lieber, wenn sie dafür einstehen würden: Wer den Strassenverkehr vertritt, muss mal grundsätzlich dafür plädieren, dass die Lenker alkoholnüchtern sind und nicht dafür einstehen, dass sie trinken dürfen und immer noch ein bisschen mehr trinken und dass das etwas mit Lust zu tun hat."

Rechtliche Folgen für alkoholisierte Täter
An unserem Rechtssystem liegt es, dass nicht automatisch ins Gefängnis kommt, wer einen Menschen auf dem Gewissen hat. Man spricht in diesen Fällen nicht von einem sogenannten Erfolgsstrafrecht, sondern man beurteilt, wie und warum es zur Tat gekommen ist, man analysiert das Vorleben des Täters und nicht in erster Linie das Resultat der Tat.
Mit einem sauberen Leumund und der Bewertung der Tat als "einmaligen Ausrutscher" kommt man in der Schweiz relativ ungeschoren davon. Das sind vielleicht Signale, dass es in der Schweiz im Prinzip nicht strafbar ist, wenn man grobfahrlässig einen Menschen tötet - oder sogar auch - man redet davon - ob das nicht Eventualvorsatz sein sollte. Das sind verheerende Signale, die im Prinzip streng genommen darauf hinaus laufen: freie Fahrt! Man kann auch mal jemanden überfahren und töten - es passiert einem in dem Sinne nichts Gravierendes!
Es sieht auch so aus, dass Gerichte ihre Möglichkeiten bei weitem nicht ausschöpfen.
Die Gerichte sprechen meistens Bussen oder Gefängnisstrafen aus. Sie könnten aber ohne weiteres zum Beispiel ein Auto eines aussichtslosen alkoholisierten Lenkers beschlagnahmen. Sie könnten aber auch ein Fahrverbot aussprechen. Wenn jemand wiederholt Alkohol trinkt am Steuer, könnten sie das Urteil in einer Zeitung publizieren. Man könnte sogar nach dem Strafgesetzbuch ein Wirtshausverbot aussprechen. Das sind alles Möglichkeiten, die das Gesetz gibt, die aber die Gerichte einfach nicht anwenden.

Massnahmen bei "Blaufahrern"
Die BFU, die Schweizerische Beratungsstelle für Unfallverhütung bietet Kurse an für Leute, welche wiederholt alkoholisiert am Steuer erwischt worden sind. Ziel dieser Kurse: für sich persönlich Strategien entwickeln, wie man das Fahren vom Trinken trennen kann. Wer das zweite Mal alkoholisiert am Steuer erwischt worden ist und den Ausweis wieder erwerben will, muss von Gesetzes wegen solch einen Präventionskurs besuchen; er dauert zweimal 6 Stunden - bezahlt werden muss er aus dem eigenen Sack.Teilnehmer an diesen Kursen sind nicht nur Leute, die sehr wenig Bildung haben. Es sind eigentlich Leute, die gut gebildet sind. Es sind Leute, die ihre Arbeit machen, die ihren Alltag meistern. Und es ist wohltuend für sie zu erkennen, dass es andere gibt, die in der gleichen Lage sind wie sie.Erfahrungsaustausch ist wichtig, aber auch die Informationsvermittlung; eben, dass man bereits ab 0,5 Promille nicht mehr gleich reagiert. Dann lernt man natürlich auch mit dem Alkohol umzugehen. Was muss ich vorkehren, damit sowas nicht mehr passiert? Der Einzelne muss eine Lösung entwickeln. Die einen lernen, die Schlüssel daheim abzugeben und gar nicht erst das Auto mitzunehmen. Die andern fangen ganz konsequent an, den Schlüssel in der Beiz abzugeben. Ich glaube, das ist bei allen verschieden. Der andere kann sich ein Taxi leisten, jener wird von der Frau abgeholt. Das ist sehr unterschiedlich. Aber es geht in diesem Kurs wirklich darum, nicht Alkohol zu trinken. Nicht den Alkohol zu verbieten, sondern zwischen Fahren und Trinken konsequent zu trennen.Es geht um das Umstellen von sich selber. Schlussendlich lernt man, sich das Leben neu einzurichten, so dass man nicht warten muss, bis es zu einem Wutausbruch kommt. Man sucht sich Möglichkeiten, Enttäuschungen von der Seele zu reden, Sport zu treiben, andere Methoden, wie mit Frustrationen im Alltag umzugehen ist. Dann summiert sich das nicht bis zum Tag X, wo man den Alkohol zur Erlösung braucht.

Drogen am Steuer - ein unterschätztes Sicherheitsrisiko
Am Rande der Diskussion rund um Alkohol und Promillegrenzwerte steht die angestrebte Entkriminalisierung des Konsums weicher Drogen, welche ein nicht ausser Acht zu lassendes Risiko für die Verkehrssicherheit birgt. Neben dem Alkohol- und Drogenproblem bereiten auch die Medikamente den Verkehrsfachleuten Sorge, denn dieses Thema wird bei der Verkehrssicherheit vernachlässigt.
Eine mögliche Entkriminalisierung des Konsums weicher Drogen ist in aller Leute Munde. Auch die eidgenössischen Räte werden sich in absehbarer Zeit mit der Thematik zu befassen haben, nach dem nun die Botschaft des Bundesrates zu diesem Geschäft vorliegt. Dieser Liberalisierungsschritt wird auch für den Strassenverkehr Folgen haben. Diese werden allerdings von den Fachleuten unterschiedlich beurteilt. Während etwa der Verkehrspsychologe Stefan Sigrist von der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) keine grosse Risikosteigerung im Verkehr befürchtet, räumt Alan Knaus, Mediensprecher der Schweizerischen Fachstelle für Alkohol- und andere Drogenprobleme (SFA) ein, dass er zwar ebenfalls nicht von einem extremen Anstieg der Konsumenten ausgehe, dass aber bereits ein leichter Anstieg «dramatische Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit» habe. Rolf Seeger von der verkehrsmedizinischen Abteilung des Institutes für Rechtsmedizin der Universität in Zürich ist überzeugt, dass das Problem schlichtweg verharmlost wird. Die Wahrnehmungen nach dem Drogenkonsum werden verzerrt, Zeit und Distanzen werden nicht mehr richtig wahr genommen; bereits kleine Mengen zeigen grosse - für den Verkehr negative - Wirkungen - und die werden ja beim Kiffen explizit gesucht.
Einigkeit herrscht bei den Fachleuten in der Frage der Grenzwerte. Anders als beim Alkohol soll es für Kiffer im Strassenverkehr eine «Nulltoleranz» geben: «Wer fährt, der kifft nicht - wer kifft, der fährt nicht» und zwar bis zu acht Stunden nach dem letzten Joint.
Doch wie ist das zu postulieren - und zu kontrollieren?

Medralex
Rein wissenschaftlich gesehen, ist völlig klar: ab 0,5 Promille ist der Grossteil der Leute nicht mehr fähig, in schwierigen Situationen immer noch adäquat zu reagieren. Sie machen dann Fehler; ab 0,5 ist man gefährdend, fremd gefährdend. Überträgt man das auf die Industrie: Wenn eine Maschine ab dieser und dieser Geschwindigkeit anfängt, Arbeiter zu gefährden, sagt man: jetzt muss eine Schutzeinrichtung her. Jetzt muss man etwas tun!Solch eine Schutzeinrichtung ist mit dem neuen Strassenverkehrsgesetz im Anzug. Medralex heisst das Instrument. Das ist eine Abkürzung für Medikamente, Drogen, Alkohol etc. und Ex = weg. Es ist keine Neuerfindung, sondern eine raffinierte Zusammenfassung und Weiterentwicklung von Untersuchungsmethoden von Polizei und Ärzten zur Ermittlung von Personen, welche unter Drogen-, Medikamenten - oder eben Alkoholeinfluss am Steuer sitzen. Zusätzlich erlaubt die Methode, übermüdete Autofahrer heraus zu finden. Die Zielsetzung ist, dass die Untersuchungen durch die Ärzte einerseits, aber auch das polizeiliche Erkennen nach bestimmten Vorgaben standardisiert werden und damit eben auch rekonstruierbar und nachvollziehbar erfolgen. Problematisch bis heute ist, dass die an der Uni Zürich-Irchel entwickelten Testmethoden nicht einheitlich sind - und deshalb oft nicht gerichtstauglich sind.Ein Beispiel dieser Standardisierung ist der Gleichgewichtstest. Wer alkoholisiert oder übermüdet ist, kann mit einer standardisierten Versuchsanordnung nicht mehr gehen ohne zu schwanken.Wenn nun jemand überprüft wird, ob er noch gerade stehen kann oder ob er eben schwankt, kann man das nach sehr vielen verschiedenen Arten machen. Mit geschlossenen oder mit offenen Augen. Die Arme können hängen gelassen oder ausgestreckt werden. Das soll vereinheitlicht werden, damit dieser Test wirklich überall gleich gemacht wird. Und so funktioniert nach Medralex der neue Schwanktest: Die Testperson muss mit geschlossenen Beinen hin stehen. Die Arme von sich strecken. Augen schliessen. Sie muss innerlich abschätzen, wieviel Zeit vergeht, bis sie meint, eine halbe Minute sei vergangen. Diesen Zeitpunkt muss sie bekannt geben.Medralex besteht hauptsächlich aus standardisierten Fragebögen und Schnelltests. Die Polizeistreife soll innerhalb kürzester Zeit quasi wissenschaftlich genau die Fahrtüchtigkeit beantworten können. Damit verspricht man sich eine Steigerung der Verkehrssicherheit, in dem Sinne, dass mehr Leute erfasst werden, die in ihren Fahrfähigkeiten beeinträchtigt sind und damit auch, dass es weniger Verletzte und Tote im Strassenverkehr gibt.Zudem bringt es sicher eine ''gerechtere'' Kontrolle, indem es natürlich Leute gibt, die sich weniger auffällig verhalten als andere, wenn sie Alkohol getrunken haben und vielleicht bei einer bisherigen Kontrolle durch die Maschen geschlüpft wären.Anderseits sind Schnelltests und Geschicklichkeitsprüfungen kein Ersatz für Atemproben und Blutentnahmen zur Ermittlung des Alkoholgehalts, wie das gewisse Kreise fordern. Ein Verzicht auf eine Blutprobe im Zusammenhang mit dem Fahren in angetrunkenem Zustand hat eine Reihe von Nachteilen. Man kann zu einem späteren Zeitpunkt natürlich einen Wert nicht mehr überprüfen. Wenn man geblasen hat, ist geblasen. Eine Blutprobe kann man ein zweites Mal analysieren und schauen, ob die Analyse stimmt. Man kann eine Blutprobe einer Person auch zuordnen, wenn das sein muss, wenn man den Verdacht hat, eine Blutprobe sei verwechselt worden. Man kann aber auch in einer Blutprobe, die man im Zusammenhang mit dem Alkohol gemacht hat, durchaus andere Ursachen für eine Einschränkung der Fahrfähigkeit suchen, was man beim Blasen natürlich nicht kann.Es kann durchaus sein, dass man vielleicht davon ausgeht, dass es eben einfacher wird, wenn man nur Atem-Alkoholtests durchführt. Dass man in gewissen Situationen, in rechtlichen Situationen vom Fahren in alkoholisiertem Zustand, die Folgen nicht tragen muss - weil man eben den Wert nicht mehr überprüfen kann.