Stefan Heiz
Ich kenne einen Menschen, der speziell ist!
Sein Name ist Stefan Heiz.
Seine Lebensgeschichte erzählt von einem hirnverletzten Menschen, der sich über mehrere Jahre von seinem Verkehrsunfall erholen konnte.
Stefan kam am 26. November 1979 zur Welt. Wegen der schweren Geburt, bei der er unter Sauerstoffmangel litt, funktionierten seine Reflexe nicht richtig, so dass er bereits in seinem ersten Lebensjahr in die Physiotherapie gehen musste.
Sein Vater scheute sich vor der Verantwortung und war nie für ihn da.
Während der Arbeitszeit seiner Mutter wurde er von den Grosseltern betreut und bei ihnen untergebracht. Dadurch gewann er ein sehr gutes Verhältnis zu ihnen. Als Kind machte er mit seiner Grossmutter viele Bergtouren.
Am 18. November 1993, kurz vor seinem Geburtstag, hatte er, als er mit dem Velo zur Schule fuhr, eine Kollision mit einem Auto. Er erlitt ein Schädel- Hirn – Trauma und verschiedene kleine Blutungen. Stefan war bewusstlos, äusserlich hatte er nur leichte Schürfungen und sein Velo eine Acht. Glücklicherweise war gerade ein Arzt an der Unfallstelle, der ihn beatmete. Kurz darauf war auch schon der Krankenwagen da und zwei Minuten später wurde er ins Spital eingeliefert.
Im Kantonsspital verbrachte Stefan die nächsten 38 Tage im Koma. Man wusste nicht, was er wahrnehmen konnte und welche Behinderung zurückbleiben würde. Seine Eltern, Grosseltern und Bekannten legten eine Gebetswoche ein. Sein Zustand verbesserte sich. Danach verschlechterte sich der Zustand wieder und der Arzt konnte keine Hoffnungen machen, dass Stefan überleben würde. Er wurde kurz vor Weihnachten ins Kinderspital verlegt. Starke Muskelkrämpfe plagten ihn dort. Die verkrampften Muskeln wurden von den Angehörigen massiert. Nach diesen 40 Tagen wurde Stefan im Wachkoma ins Kantonsspital Luzern verlegt. Zu dieser Zeit war sein linker Arm verkrampft angezogen und die Hand steif zu einer Faust geballt. Stefan wurde künstlich ernährt und konnte auch nicht sprechen. Er konnte sich auch nicht verständlich machen, da er keine Mimik einsetzen konnte. Seine Bewegungen waren unkontrolliert. Stefan wurde im Kantonsspital Luzern intensiver betreut, gepflegt und gefördert.
Er musste von Grund auf wieder alles wie ein Baby neu erlernen, Bewegungsabläufe neu trainieren. Die Krankenschwester nahm zum Beispiel seine Hand und zeigte ihm durch das Führen der Hände, wie man sich wäscht. Er musste regelmässig in die Physiotherapie gehen. Dabei machte er gute Fortschritte.
Stefan steckte sich viele Ziele, die er erreichen wollte. Er wurde Ende Januar 1995 aus dem Spital entlassen. Es waren gerade Schulferien. Danach beendete er die Schulzeit im Schulheim für Körperbehinderte in Aarau. Am Anfang konnte er überhaupt noch nicht sprechen. Deshalb kommunizierte er mit den Augen. Einmal Blinzeln hiess nein und zweimal Blinzeln ja. Später benutzten sie Buchstaben-Tafeln, um zu reden.
Stefan musste auch das Sprechen wieder neu erlernen. Er wurde in die Logopädie geschickt.
Für Stefan war es am Anfang sehr schwierig, sich zu integrieren, da er einen sehr langen Spitalaufenthalt hatte und eine schwere Hirnverletzung. Er konnte auch nicht mit den Freunden ausgehen und z.B. Fussball spielen. Er hat auch sehr Mühe, von Hand zu schreiben, weil er eine zitternde Hand hat und nicht fliessend schreiben kann. Doch konnte er trotzdem eine Lehre im Büro machen, weil er sich anstrengte und viel Einsatz zeigte. Heute ist er nicht mehr im Büro. Er arbeitet im „Chrischtenhüsli“, einer Drogenberatungsstelle in Zürich. Stefan lebt selbständig in einem WG- Zimmer im Binzenhof-Quartier in Aarau.
Ich finde es nicht gut, wenn manche Menschen nur Schlechtes über Behinderte sagen, da man nicht weiss, wer diese Person ist und was sie alles kann. Ich selber kenne Stefan, er ist ein sehr netter und flotter junger Mann. Man versteht ihn aber nicht gerade auf Anhieb, da er recht langsam und stockend spricht, aber er ist ein sehr gescheiter Mensch.
Ich finde es enorm, dass er so gute Texte schreiben kann. Er ist auch ein sehr netter Mensch, aber ich rede nicht so gerne mit ihm, da er seit dem Unfall die Distanz nicht gut einschätzen kann und den Mitmenschen deshalb oft zu nahe kommt. Ich fühle mich dadurch sehr bedrängt, wenn er mit mir spricht.
Ich finde es gut, dass wir uns in der Schule mit Behinderten und Sehbehinderten befassen. So bekommen wir einen guten Einblick, wie andere Menschen auf dieser Welt ihr Leben meistern.
Es ist auch schön, dass manche von meiner Klasse nicht mehr so grosse Vorurteile haben und z.B. meinen, Behinderte oder Sehbehinderte könnten nichts mehr mit ihrem Leben anfangen, da sie zu nichts nutze wären. Solche Sprüche finde ich einfach gemein und diskriminierend für betroffene Menschen. Wir durften einen guten Einblick ins Leben von benachteiligten Menschen machen und wissen jetzt, dass solche Menschen zu etwas fähig sind und immer ein Ziel vor Augen haben.
Selina Aerni, 3. Sek