Blind Date

Der Umgang mit Menschen mit Behinderungen zieht Reflexionen über unsere eigene Persönlichkeit und unser Verhalten nach sich.

Wir erfahren die eigene Unsicherheit, Unbeholfenheit - nicht nur mit aufgelegter Dunkelbrille. Wir müssen uns auf ganz andere Welten als die altbekannten einlassen, andere Sinne schärfen, differenzierter wahrnehmen. Überdenken, was wirklich wichtig ist im Leben, nachdenken, wie ich dem Mitmenschen begegne.

Im Schulhaus stehen vier Materialkisten bereit, gefüllt mit Simulations- und Anschauungsmaterial, Hilfsmitteln, Spielen, verschiedenen Klassenlektüren, Jugendbüchern und weiteren Medien wie DVD und Tondateien. Die Materialien helfen mit, die Begegnung mit Blinden und sehbehinderten Menschen vorzubereiten, sich in ihre Situation hinein zu versetzen.

Mitte September tauschen wir uns mit verschiedenen Menschen mit Sehbehinderungen aus. Peter Diriwächter besucht uns mit seinem Führhund, informiert über die Arbeit eines Blindenhundes und stellt sich unseren Fragen. Yves Kilchör, Internet-Radio-Begründer, Multitalent und angehender Journalismus- / Organisationskommunikations-Student demonstriert seine Fähigkeiten und steht uns Red und Antwort. Thomas Häni, Präsident des Behinderten-Sport Clubs Zürich, führt uns ein in den Mannschaftssport Torball, gibt mit ein paar Kollegen eine Demonstration zum Besten und lädt zum Mitspielen ein.

Vor allem deshalb wollen wir uns ein paar Wochen langmit dem Thema Sehbehinderung  beschäftigen; abgesehen davon leben in der Schweiz rund 80'000 blinde und taubblinde Menschen.

 

 

Begegnungswoche

(Bebilderte) Eindrücke zu den drei Begegnungs-/Besuchstagen

plus Aufsätze verschiedener Schüler/innen aus zwei Klassen --> siehe unten

Artikel zur Eventwoche im "Suhr Plus", November 2010; pdf, S. 8 - 11

 


Erfahrungen mit der Dunkelbrille

Viel Konzentration bei "Eile mit Weile" für Sehbehinderte
Magnete verhindern ein rasches Umfallen der Spielfiguren
Übergeben der Würfel
Abtasten der gewürfelten Zahl
Tastmemory

Aus den Unterrichtsvorbereitungen zur Begegnungswoche

Mit dem vielen bereit gestellten Material wurde fleissig gearbeitet. Vor allem ging es darum, selber Erfahrungen rund ums "Blindsein" zu machen, sich ansatzweise in die Situation Sehbehinderter hineinzuversetzen, seis beim Spielen, beim Führen und Geführtwerden.

Ein Aufgabe bestand darin, zu zweit einen Parcours im Schulgelände zu absolvieren - mit aufgesetzter Dunkelbrille; ein Durchgang bestand aus Führen - resp. genauem Beschreiben des Weges, der andere aus dem Geführtwerden.

Die Erfahrungen wurden dann schriftlich in einem Aufsatz festgehalten. Im Folgenden ein paar Eindrücke.

 

 


 

 

Aus dem Unterricht / Rückblick

Aufsätze zum Abschluss des Themenkreises

Ich kenne einen Menschen, der speziell ist!

(Thema aus Geschichtenwettbewerb Pro Infirmis)

Beschreibung eines in dieser Woche kennen gelernten sehbehinderten Menschen; (evtl. einer anderen behinderten, einem nahe stehenden Person)

  • Stefan Heiz, Unfallopfer mit Hirntrauma; Selina Aerni, 3. Sek

Die 3. Sek b gewann an diesem Schreibwettbewerb den 1. Preis. Herzlichen Glückwunsch.


Aus den Vorbereitungen der 3 Rb

Auf dieses Schuljahr hat sich Suhr für Integrative Schulung entschieden. Das heisst zum Einen, dass die Kleinklassen aufgelöst werden, aber auch, dass Jugendliche mit Behinderungen hier normal zur Schule gehen können. Auch in diesem Zusammenhang haben wir zu diesem Thema gearbeitet.

Unser Lehrer brachte einen grossen Koffer, da drin waren Gegenstände zum Thema Sehbehinderung. Gemäss einem Arbeitsblatt haben wir in Zweiergruppen gewisse Gegenstände ausprobiert, wie zum Beispiel den Langstock mit Dunkelbrille. Es war sehr schwierig Sachen zu finden. Der Lehrer lief mit uns in den zweiten Stock und dann in den Lift. Da haben wir herausgefunden, dass noch nicht alle Lifte für Blinde eingerichtet sind.

Meiner Meinung nach ist es schwierig für Sehbehinderte, in eine normale Schule zu wechseln, weil sie nicht alles machen können, also kommt es darauf an, dass die Mitschüler zur Hilfe bereit stehen.
Ich habe selber ausprobiert mit Dunkelbrille und Langstock zu gehen. Und obwohl ich hier seit Jahren zur Schule gehe, war es nicht leicht, alleine das Schulzimmer zu finden oder den Lift, weil ich nie wusste, wo genau ich mich jetzt befinde. Und stellt euch vor, wenn noch viele Jugendliche im Schulhaus unterwegs sind! Darum könnten wir wenigstens den Lift umbauen. Denn als ich da drin war mit der Dunkelbrille wollte ich wieder in den ersten Stock fahren; aber ich konnte die Knöpfe nicht unterscheiden, ja nicht einmal finden!...


Pleurat Loshi, R3b

 


Unser Lehrer hat einen Blindenkoffer mitgebracht. Im Koffer waren Gegenstände, wie zum Beispiel Simulationsbrillen (Lochbrille für Tunnelblick, Milchglasbrille für Restsehschärfe von 30%, Dunkelbrille für vollständige Erblindung), Langstock, Arbeitsmaterialien zur Blindenschrift, Hilfsmittel für den Alltag (Flüssigkeitsstandanzeiger, Tastmeter, Tastuhr, sprechende Uhr, Taxi-Portemonnaie, Gesellschaftsspiele mit Tasthilfen...).
Wir bekamen ein vierseitiges Arbeitsblatt. Darauf standen verschiedene Aufträge, die wir in Zweiergruppen bearbeiten mussten. Etwa: „Eine Person mit Langstock und Dunkelbrille, die zweite als Helfer: Lauft zum WC im 1.UG; Rollen auf dem Rückweg tauschen.“ Ich musste völlig blind durch das Schulhaus laufen und das WC im Untergeschoss finden, das war schwierig. Weil ich schon wusste, wo dieses WC ist, war es für mich etwas leichter. Aber wenn ich vom Lehrer nur schon um 180 Grad gedreht wurde, wusste ich nicht mehr, was wo ist.
Als wir diese Sachen machten, wurde mir klar, wie schwierig das Leben für sehbehinderte Leute ist.
Wir schauten auch einen Film, der zeigte, wie das „Alltagsleben“ für Sehbehinderte ist. Er versuchte auch darzustellen, was man mit welcher Sehbehinderung sieht.

Unser Lehrer verteilte uns Texte über Sehbehinderte. Dort stand, wie sie Strassen überqueren und wie es für sie ist mit der Bahn zu reisen. Es wurde auch erklärt, wie wir helfen können. Und dass es sehr wichtig ist, immer zuerst zu fragen, ob die Hilfe überhaupt erwünscht ist und gut zu informieren. Wenn man eine sehbehinderte Person einfach „mitnimmt“, weiss sie am Schluss nicht, wo sie ist.

Einige Sehbehinderte haben einen Blindenführhund, diese Hunde helfen den Menschen sehr. Die Hunde werden nach einem ausführlichen Auswahl- und Erziehungsverfahren bis zu einem Jahr lang ausgebildet für diesen Zweck. Die Hunde kosten 40‘000-60‘000 Franken.

Es war eine sehr interessante Woche für mich.


Süleyman Soy, R3b


Lernreflexion

Zum Abschluss des Quartals  füllte die 3. Sek eine Lernreflexion rund um den Themenkreis Sehbehinderung durch.
Aus der Auswertung:

Glaubst du, dass du in diesem Thema für dich Unwichtiges lernen musstest?

Nein, alles war wichtig, ich habe nur Wichtiges dazu gelernt! Spannendes und interessantes Thema! Das meinen ALLE Scülerinnen und Schüler unisono!


Was kommt dir in den Sinn, wenn du an diese Themen zurück denkst?

  • Dass ich alle Leute bewundere, die nichts sehen und trotzdem so weitermachen wie zuvor. (Laura)
  • Wie die Blinden ganz gelassen mit ihrem Leben umgehen. (Remo)
  • Konzentration pur; mir kommt gleich das Blinden-"Eile mit Weile" in den Sinn, das wir gespielt hatten. (Neira)
  • Dass die Sehbehinderung für die sehbehinderten ganz normal ist und dass sie trotzdem viel mehr können als sonst leute, die geschickt sind. (Selina)
  • Das Torball-Spiel (Glöcklein im Ball) hat mir gezeigt, dass die Spieler sich auf ihr gehör verlassen. (Dilan)



Gab es ein AHA-Erlebnis?

  • Dass die Blinden auch mit dem Computer arbeiten können. (Dilan, Elvira, Lazar)
  • Ich dachte, Sehbehinderte könnten nicht sehen, aber es gibt verschiedene Sehbehinderungen mit unterschiedlichen Einschränkunge. (Arta)
  • Ein Blindenhund muss das Führgeschirr anziehen, wenn er arbeiten muss, wenn man den Hund streicheln möchte, muss man es ausziehen. (Selina)
  • Dass die Blinden so motiviert sind! (Egzon)
  • Das Torball-Spielen hat mich fasziniert (Ertugrul, Justine, Remo)
  • Blindenversion von "Eile mit Weile" (Tim)
  • Ein Blindenführhund kostet 50'000 Fr.! (Ale)  Und dass diese Hunde so lange ausgebildet werden müssen  (Laura)



Eigene Erfahrungen (Dunkelbrillenparcours)

  • Ich fühlte mich schrecklich und wusste nicht, wo ich war. Ich musste gut meiner Führerin und den Geräuschen rundherum zuhören. (Justine)
  • Man kann nicht einfach mal loslaufen, man muss alles langsam angehen. (Remo)
  • Ich war traurig, weil ich in diesem Moment an andere blinde Menschen gedacht habe, wie sie leben, schreiben , usw. Sie können ihrer Mutter ncht in die Augen sehen. (Lazar)
  • Mit der Dunkelbrille fühlt man sich, wei wenn man nicht hier wäre. Man hört, was um einen herum passiert, aber man sieht es nicht. Man hat Angst, dass man sich verletzt. Als mich E. herum führt, habe ich ein sehr komisches Gefühl, Angst. Aber ich vertraue ihm. - Mir geschah nichts, aber ich hatte trotzdem Angst.   (Srdjan)
  • Als ich die Dunkelbrille auf hatte, fühlte ich mich unsicher. Ich hatte Angst, mich zu verletzen, deshalb hielt ich beim Gehen meine Arme vor mich hin. (Alessandro)

Rückblick zum Schwerpunkt Sehbehinderungen 3 Rb

„Es war sehr interessant zu sehen/erleben, wie sich Sehbehinderungen auswirken und was es heisst, sein Leben so zu meistern.

Arbresha Lekaj

„Für mich war es ein Riesenerlebnis und ich frage mich immer noch, wie blinde Leute den Alltag schaffen.“

Shqiprim Osmani

„Es war sehr interessant, aber es machte mich auch traurig wie diese Leute umgehen müssen mit ihrer Sehbehinderung. Ich finde es gut, dass unser Lehrer dieses Thema mit uns behandelte und wir einmal erleben konnten wie es ist, blind zu sein.“

Argnesa Racaj

„Es war sehr spannend zu sehen wie die Leute mit ihrer Sehbehinderung umgehen.“

Arif Basil

„Ich fand diese Woche sehr spannend und sie machte mir Spass. Die Leute aber taten mir leid.“

Josip Krizanac